22. Juni 1940 - General De Gaulle ruft die Franzosen zu Widerstand und Kampf

Am 18. Juni 1940 wendet sich, als Reaktion auf die Kapitulation Frankreichs, der mittlerweile nach London geflüchtete, junge, französische Brigadegeneral Charles de Gaulle über Radio London zum zweiten Mal an seine Landsleute.

Das offizielle Frankreich hatte kapituliert, der Held von Verdun, Marschall Pétain galt nicht wenigen Franzosen aus derjenige, der Frankreich zum zweiten Mal gerettet habe.

De Gaulle, den mit Pétain schon früher gegenseitige Verachtung verbunden hatte, flüchtete am 17. Juni 1940, als Reaktion auf die Ankündigung der Bitte um Waffenstillstand durch Marschall Pétain, nach London und rief von dort über Radio seine Landsleute zum Widerstand auf, und die wehrfähigen Männer, sich ihm und den von ihm gebildeten Streitkräfte des Freien Frankreich anzuschließen.

Für seinen Ungehorsam und Widerstand wurde er in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Das nebenstehende Plakat, das „Plakat von London“, l‘ affiche ‚Á tous les Français‘   zählt mit dem darauf gedruckten Text mittlerweile zum Dokumentenerbe der Menschheit. Am 22. Juni 1940 folgte die nächste Rede. Stalin und Hitler waren da noch ziemlich beste Freunde.

 

Der Text des Plakats von London

AN ALLE FRANZOSEN
Frankreich hat eine Schlacht verloren!
Aber Frankreich hat nicht den Krieg verloren!

Der Panik ergebene Gelegenheitsregierende konnten kapitulieren, ihre Ehre vergessen und das Land der Knechtschaft ausliefern. Dennoch, nichts ist verloren!
Nichts ist verloren, weil dieser Krieg ein Weltkrieg ist. Immense Kräfte des freien Universums sind noch nicht zum Tragen gekommen. Eines Tages werden diese Kräfte den Feind zerschlagen. Und dann, an diesem Tag, muss Frankreich beim Sieg dabei sein. Dann wird es seine Freiheit und seine Größe wiedererlangen. Dies ist mein Ziel, mein einziges Ziel!
Deshalb fordere ich alle Franzosen, wo immer sie sich befinden, dazu auf, sich mir anzuschließen im Kampf, im Opfergeist, in der Zuversicht.
Unser Land ist in Lebensgefahr.
Lasst uns gemeinsam kämpfen, um es zu retten.
ES LEBE FRANKREICH!

 

Das Plakat wurde mit der digitalen Version seines Textes wurde am 17. Juni 2005 von der Unesco ins Weltdokumentenerbe der Menschheit aufgenommen.

 

Die Rede vom 22. Juni 1940

Als Reaktion auf den am 22. Juni geschlossenen Waffenstillstand zwischen dem Dritten Reich und Frankreich, wendet sich General de Gaulle erneut von London aus über die BBC an die Franzosen.  Diese Rede gilt als das Gründungsdokument der Résistance:

 

„Die französische Regierung kennt, nachdem sie um einen Waffenstillstand nachgesucht hat, mittlerweile die Bedingungen des Feindes. Aus diesen Bedingung ergibt sich, daß das französische Heer, sowie die Marine und die Luftwaffe vollständig demobilisiert werden sollen, daß wir alle Waffen abgeben sollen, das französische Territorium vollständig besetzt wird und die französische Regierung in die Abhängigkeit von Deutschland und Italien gerät.

Bildnachweis: BBC

 

Exkurs 1: die Demütigung durch den Waffenstillstand

Sehenswert! Der ausführliche Wochenschaubericht über die Waffenstillstandsverhandlungen am 22. Juni 1940, die sorgfältigst als Demütigung für Frankreich inszeniert worden waren.

 

Exkurs 2: Personenkult um Maschall Pétain - die zweite Hymne

Das ist die "zweite Hymne" des von Marschall Pétain geführten "Französichen Staates", analog dem Horst-Wessel-Lied fin Deutschland und der Giovinezza in Italien war es Pflicht, dieses Lied im Anschluss an die "eigentliche" Nationalhymne zu intonieren. Der Text, hier in Französisch, hier in Deutsch, hat Elemente faschistischen Personenkults, besonders klar in den letzten beiden Zeilen: "Denn Pétain ist Frankreich, und Frankreich Pétain!" Pétain und De Gaulle waren sich seit ihrer gemeinsamen Zeit im französischen Generalstab in Abneigung verbunden. Während Pétain darauf beharrte, daß die Lehre aus dem Ersten Weltkrieg sei, daß ein Krieg in der erfolgreichen Defensive gewonnen werde, forderte De Gaulle, wie Tuchatschewski in der Sowjetunion und z.B. Guderian in Deutschland die Aufstellung schneller Panzerverbände. Pétain siegte über den jungen General mit dem Gewicht seines Dienstgrades und seines Heldennimbus. 1940 wandelte sich die gegenseitige Abneigung in Hass und Verachtung. Noch schien Pétain am längeren Hebel zu sitzen.

Somit kann man diesen Waffenstillstand nicht nur als Kapitulation bezeichnen, sondern als Weg in die Sklaverei.

Nun aber akzeptieren die meisten Franzosen weder Kapitulation, noch Knechtschaft – aus gesundem Menschenverstand und Ehrgefühl und wegen des übergeordneten Interesses des Vaterlands.

Ich spreche von „Ehre“, da Frankreich hiermit aufgefordert wird, seine Waffen nur mit Einverständnis seiner Alliierten niederzulegen, denn die Alliierten setzen den Kampf fort und somit hat die derzeitige Regierung nicht das Recht, sich dem Feind zu ergeben. Die rechtmässigen Regierungen Polens, Norwegens, der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs wurden zwar aus dem Land gejagt, doch sie haben verstanden, was ihre Pflicht ist.

Ich spreche von gesundem Menschenverstand, weil es absurd ist, den Kampf verloren zu geben.

 

Ja, wir mussten eine große Niederlage hinnehmen. Eine schlechte Militärorganisation und Fehler in der Operationsführung und der Geist des Aufgebnes innerhalb unserer Regierung sind schuld daran, daß wir die Schlacht um Frankreich verloren haben, doch uns bleibt ein großes Weltreich, eine intakte Flotte und eine große Menge Gold. Uns bleiben Verbündete, deren Ressourcen immens sind und die die Meere beherrschen.Uns bleiben die gigantischen Möglichkeiten der US-Industrie.

 

Die gleichen miltärischen Bedingungen, die uns mit fünftausend Flugzeugen und sechstausend Panzern kämpfen liessen werden uns mittels jener fünftausend Flugzeuge und sechstausend Panzer den Sieg bringen.

 

Ich spreche vom höheren Interesse des Vaterlandes, denn dies ist kein Französisch-Deutscher Krieg, den eine Schlacht entscheiden könnte – dieser Krieg ist ein Weltkrieg. Niemand kann vorhersagen, ob die Völker, die heute neutral sind, das in Zukunft bleiben werden. Das gleiche gilt für die Verbündeten Deutschlands: werden sie stets Verbündete bleiben?

 Und wenn dereinst die Kräfte der Freiheit über jene der Sklaverei triumphieren – was wäre das Schicksal eines Frankreich, das sich dem Feind unterworfen hat? Die Ehre, der gesunde Menschenverstand und das höhere Interesse des Vaterlandes gebieten es allen freien Franzosen, den Kampf dort fortzusetzten wo sie sind und wie sie es vermögen. Deswegen ist es nötig, eine französische Streitmacht zusammenzustellen, die so groß wie möglich sein sollte und der sich alle Truppen und Rüstungsbetriebe anschließen.

 

Ich, General De Gaulle, erfülle in England diese nationale Pflicht und lade alle französischen Soldaten von Heer, Marine und Luftwaffe sowie Ingenieure und Waffenexperten, die sich entweder in Großbritannien befinden oder dorthin gelangen können, sich mir anzuschließen. Ich lade die Kommandeure, die Soldaten, die Matrosen, die Flieger, die Soldaten des Heers an, wo auch immer sie sich befinden mögen, sich bei mir zu melden. Ich lade alle Franzosen die frei sein wollen, ein, mir zuzuhören und mir zu folgen.

 

Es lebe das freie, ehrenvolle und unabhängige Frankreich!“