Brexit - Mit Klarheit und Optimismus

Cameron hat sich verzockt und die Zukunft - nicht nur - der Jungen in seinem Land zunächst verspielt. Das jahrelange Schlechtreden der EU, aber auch deren Fehler haben erste Früchte getragen. Es werden Wetten angenommen, welches Land als nächstes den Austritt vorbereitet. Wie Rechtspopulist Nigel Farage bereits gesagt hat: es gehe nicht nur um Großbritannien, es gehe auch um andere Staaten. Darum ist es gut, daß sich Europa auf Klarheit zu verständigen scheint. Doch auch Optimismus tut not.

Bildnachweis: Spectator.co.uk

 

Die Früchte langer Jahre "Euroskepsis"

Der österreichische Bundeskanzler Kern hat es auf den Punkt gebracht: lange Jahre wurde die EU schlechtgeredet, und das ist jetzt die Quittung. Der österreichische Bundeskanzler Kern hat das in seiner Stellungnahme gut auf den Punkt gebracht. Ich sehe das genauso. Jahrelang, so habe ich das zumindest wahrgenommen: Gurken, Glühbirnen, Entsorgen von "Opa", d.h, von Politiker*innen nach Europa, die man versorgen bzw. aus der Schußlinie nehmen musste,falsch plazierte oder falsch entzogene Subventionen, Abgeordnete, die Sitzungsgelder kassieren obwohl sie die Sitzung geschwänzt haben...

 

Schwere Fehler - mangelnde Klarheit

Ich denke, es wurden auch schwere Fehler gemacht, und einer der schwersten Fehler war für mich die Implementierung von zweierlei Maß: den Deutschen unter Schröder wurde als erstes erlaubt, das Stabilitätskriterium zu reißen. Dann handelte Margaret Thatcher die ersten Rabatte aus, später versprach David Cameron seinen Landsleuten "das Beste aus beiden Welten" - was nach meiner Vermutung dazu geführt hat, daß auch britische Wähler anscheinend der Meinung waren, auch nach dem Brexit gingen die Subventionen weiter. So wurde in einer Phoenix-Sondersendung ein Landwirt gezeigt, der genau das dachte. Er war sicher nicht der Einzige.

Ein weiterer Fehler waren aus meiner Sicht die Geldspritzen für Griechenland. Daß sich da diejenigen Länder, die brav ihre Hausaufgaben gemacht haben, da verkackeiert fühlten, kann ich gut vestehen. Die Lehre daraus kann nur sein, daß man kein Land um jeden Preis in die EU bringen, kein Land um jeden Preis in der EU halten muss.

Aber die wesentliche Lehre muss sein, daß es in Zukunft kein zweierlei Maß mehr geben darf.

 

Kein "Gott strafe England!"

Der von mir sehr geschätzte Alan Posener hätte gerne für Großbritannien/England eine "privilegierte Partnerschaft". Das halte ich für das vollkommen falsche Signal, denn genau das wurde ja nicht nur von Cameron so kommuniziert: wir gehen raus und behalten unsere Vorteile. ich denke auch, daß sich die EU jetzt hütet - und hüten sollte - ein Signal an andere Austrittskandidaten zu senden, daß ein Austritt Vollkasko versichert ist. Es waren sich da doch tatsächlich Landwirte und Fischer sicher, daß die EU-Subventionen auch im Falle das Ausstiegs weiterlaufen würden...

Richtig finde ich, daß sich Cameron nicht um den zumindest Beginn der Austritts herumdrücken kann. Und ich finde es auch richtig, daß es jetzt keine Rabatte mehr geben darf. Weder für Groß- bzw Kleinbritannien, nach für irgendjemanden anders darf es jetzt noch Sonderkonditionen, "das Beste aus beiden Welten" geben, jetzt auch nicht für die Briten/Engländer. Wie Thomas Oppermann sagte: "Raus ist raus." Nachtreten und zu püopulistischen Lösungen greifen darf man natürlich auch nicht. Wie Angela Merkel richtig sagte: "Keine Schnellschüsse!"

 

Die Rechtsgrundlagen

Rechtsgrundlage ist der Artikel 50 des EU-Vertrags. Auch interessant - vielleicht im Hinblick auf eventuelle Rückkehrbestrebungen ist, daß dieser Artikel auch festlegt, daß ein (Wieder-) Einstieg nach Artikel 49 verhandelt zu werden hat. Das heißt, Großbritannien würde dann so behandelt, wie jeder andere Beitrittskandidat auch: z.B. die Türkei, z.B. Serbien.

Zwischenzeitlich bleibt es Großbritannien natürlich unbenommen, mit der EU ein Freihandelsabkommen auszuhandeln.

 

Positive Ausblicke

Das Falscheste wäre jetzt für mich, wenn wir jetzt alle in Trübsinn und Untergangs-stimmung verfallen würden. Ja, da sollte dem Establishment die "Rote Karte" gezeigt werden. Makaber fand ich wirklich, daß einen Menge Leute - Landwirte habe ich selber gesehen, von Fischern ist mir das berichtet worden - offensichtlich der Meinung sind, die EU-Subventionen liefen weiter, trotz Ausstieg.

 

Ich denke, jetzt im Moment ist es wichtig, daß nicht noch weitere Länder von der Fahne gehen, da gebe ich Konstantin Neven DuMont Recht. Doch frag mich keiner, wie das im Moment zu bewerkstelligen ist.

Fast glaube ich, daß das nächste Land, in dem die Exiteers auftrumpfen werden, die Niederlande sein werden - und Österreich steht auch ziemlich weit oben auf der Liste, aber ich denke auch, jetzt muß man die zivilgesellschaftlichen Ansätze stärken. Zum Beispiel mit der überparteilichen Initiative "Restart-Europe-Now",von der ich die untenstehenden vier header kopiert habe und die mir einen guten Eindruck macht.

 

Die Jungen

Da gibt es den gleichen Generationen - Gap, den wir auch schon bei anderen politischen Ereignissen und Entscheidungen gesehen haben: die Alten, die schlecht gebildeten, die Verlierer, die Ängstlichen haben sich für ein Beharren stark gemacht. die gleichen Alten haben sich in der Ukraine vor die Panzer gestellt, in Österreich Hofer gewählt und in den Niederlanden gegen den Assoziierungsvertrag mit der Ukraine gestimmt und in Deutschland AfD gewählt haben. Jammer, Verzagtheit und Wut, wo Optimismus not täte.

Für mich ist die Konsequenz daraus, die Gelder für den Kulturaustausch und die Studienförderung, z. B. die Erasmus-Stipendien, Die könnte man jungen Briten/Engländern, die sich weiter als Individuen bewerben könnten, ja weiter gewähren, genau wie generell Forschungs- und Studienaufenthalte in der EU.

Überhaupt müsste bei jungen Leuten wieder ein Bewusstsein dafür geweckt werden, als was für ein großartiges Friedensprojekt die EU einst begonnen hat - mit der Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland. Deswegen hier noch mal die Ludwigsburger Rede von Charles de Gaulle:

Diese Flamme, diese Leidenschaft gilt es, wieder zu entfachen.