Jedes Jahr geht die Debatte über das Silvesterfeuerwerk wieder los, und die Spaßbremsen fliegen tief. Und es verstiegen sich sogar einige Musliminnen dazu. Feuerwerk als "unislamisch" zu geißeln. Mich erinnert das an den Witz, nachdem ein Katholik sündigen darf, gesetzt den Fall, er beichtet, ein Protestant, gesetzt den Fall er fühlt sich schlecht dabei. Diesen Artikel hatte ich am 1. Januar 2018 zum ersten Mal online gestellt. Da das Murmeltier schon wieder grüßt habe ich ihn nochmal upgedated. Der Dackel mit der Pickelhaube ist - nicht nur für mich - ein Symbol eines zutiefst deutschen Denkens.
Bildnachweis: diverse Internetquellen. Ein "mobilisierter" Soldat hat seinem Dackel, der Anfang August 1914 ihn auf dem Weg zum Zug an die Front begleitet, als Ausdruck der vaterländischen Begeisterung eine Pickelhaube aufgesetzt. Das Vorschaubild stammtz von www.dailydoxie.com
Eine deutsche Debatte
Die Art und Weise, wie die Debatte um die Knallkörper geführt wird, kommt mir so deutsch vor, wie der Dackel mit der Pickelhaube. Kaiser Wilhelm II mit
Pickelhaube war nicht nur die Symbolfigur des preußisch-deutschen Militarismus, sondern auch ein großer Dackelliebhaber: sein Lieblinghund, der Rüde Erdmann, wusste, zur Freude von Es-Emm sehr
possierlich strammzustehen. Es-Emm kümmerte sich, wie man sieht, persönlich darum, daß Erdmann eine tadellose Haltung annahm.
Außerdem war "The Kaiser" Herr der evangelischen Unierten Kirche in Preußen, einem Zusammenschluß von
Lutheranern und Calvinisten. Woanders waren und sind andere "reformierte" evangelische Konfessionen in einer Landeskirche "uniert. Die "reformierten" waren überall ein wenig strikter als die
Lutheraner, sozusagen die evangelischen Salafisten. Das Markenzeichen einiger von ihnen war der Bildersturm.
Was das miteinander und mit der Feuerwerksdebatte zu tun hat?
Bildnachweis: Es-Emm, der Kaiser, freut sich, wie stramm Dackelrüde Erdmann Männchen macht. Diverse Quellen im Internet.
Deutsch mich nicht voll...
Das Ist zwar eigentlich der Gruppenname einer "bedingungslos israelsolidarischen, antideutschen" Facebookgruppe, aber den habe ich mir mal geklaut. Für mich bedeutet "volldeutschen", eine bestimmte Diskursstrategie: man, äh, mensch hat sich zu einer "Position" durchgerungen, die man jetzt dem gesamten Umfeld reindrücken muss. Aggressiv, moralisierend, abwertend... Diese - vermeintliche - Diskursstrategie findet man häufig, aber nicht nur, auf der Linken, sie hat sich durch das gesamte politische Spektrum gefressen und sie scheint fast, den folgenden "Grundsätzen" zu folgen:
- Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. (The Kaiser, , falsch zitierend, mit vollkommen falschem Frame)
- Deutsch sein, heisst eine Sache um ihrer selbst willen tun. (Richard Wagner)
- Und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag' ich Dir den Schädel ein. (Reichkanzler Bernhard von Bülow, 1907, ebenfalls mit falschem Frame)
Die Art und Weise, wie die Debatte um die Knallkörper geführt wird, kommt mir in diesem Sinne so deutsch vor, wie der Dackel mit der Pickelhaube. Kaiser Wilhelm II mit Pickelhaube war nicht nur die Symbolfigur des preußisch-deutschen Militarismus, sondern auch ein großer Dackelliebhaber: sein Lieblinghund, der Rüde Erdmann, wusste, wie ich oben schon bemerkt habe, zur Freude von Es-Emm sehr possierlich strammzustehen. Außerdem war "The Kaiser" Herr der evangelischen Unierten Kirche in Preußen, einem Zusammenschluß von Lutheranern und Calvinisten. Evangelischer als evangelisch, mithin, echte Spaßbremsen, christliche Salafisten. Und so kommt mir die Art und Weise vor, wie nicht nur die Debatte um die Feuerwerkskörper geführt wird: moralinsauer und christlich-salafistisch.
...Hauptsache, er fühlt sich schlecht dabei...
Und, um den Böllernden die Böllerei so richtig zu vermiesen, muß man seine Argumente natürlich nicht rational, sondern mit vorwurfsvollem Unterton vortragen. Kompromissvorschläge stören da nur. Ach ja, und eine Petition ist nie verkehrt, oder am Besten gleich mehrere.
Immer gerne genommen werden "die Tiere", hier namentlich die Haus- und Schmusetiere. Ja, okay. Herrchen und Frauchen müssen sich um die Tiere kümmern, wann die
Tiere es brauchen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, daß die Dackel (jaja...) meiner Eltern immer in den Arm genommen wurden, was das ganze Problem erheblich minderte. Und die Katzen,
die mich in ihrer Studentenbude mitwohnen lassen - sie sahen das so, und erwarteten, daß ich mich entsprechend verhielt - fanden es cool, das Silvesterfeuerwerk vom Dach meiner Mansardenbude zu
beobachten. Probleme gab es nur einmal, als wir nicht gleich bemerkten, daß der Kater, Hannibal mit Namen, ein piece Haschisch gefressen hatte, sich vollkommen überschätzte und zugedröhnt auf dem
Dach balancierte, ausrutschte und ich ihn gerade noch zu fassen kriegte, was ihn doch sehr empörte.
Und Kinder!
2017 hat "der kleine Tim aus Wasseralfingen" eine Petition gestartet, und gar "von der Bundesregierung gefordert". Und Angela Merkel hat nicht reagiert. Schon wieder! Danke, Merkel!!11!
Tims Mama ist noch was völlig Geniales eingefallen: "Es macht den Flüchtlingen Angst..." Wenn die AfD und sonstige Besorgties das hören fordern die demnächst eine Feuerwerkspflicht!
Alle Jahre wieder, so auch dieses Jahr sind wieder einige Petitionen hinzugekommen. Clicktivismus, Murmeltier und so...
Die Umwelt, die Singvögel... Die sind im Winter zwar zu großen Teilen in Afrika, aber egal. Schließlich bleibt der Eichelhäher hier. Es steigt die Feinstaubbelastung zwar umbestritten, aber wie Spiegel-Kolumnist Christian Stöcker in dieser sehr lesenswerten Kolumne schrieb:
Wer also ein schlechtes Gewissen hat wegen der einmaligen Feinstaubbelastung, der möge doch bitte zum Ausgleich ein paar Monate mit dem Rad statt dem Auto zur Arbeit fahren. Das ist gesund, gut für die Umwelt und verhindert ebenfalls Lärm, und zwar viel nachhaltiger.
Eben. und dann kann und sollte man gleich viele wunderbare Petitionen für die Erweiterung der Radwege starten, sogar an "die Bundesregierung".
Also, auch wenn das Ärzteportal Univadis ("informativ, unabhängig, relevant") den Verzicht auf Feuerwerk unter Berufung auf das Umweltbundesamt zum medizinischen Gebot hochjazzt - Leute, es handelt sich um einen verdammten Tag im Jahr! Kümmert Euch lieber mal um Kohlekraftwerke und das Dieselproblem! - und dieses Jahr ganz aktuell: ich wünsche mir gleiches Engagement für Robert Habecks bescheidenes Anliegen, die 4.000 unbegleiteten Flüchtlingskinder von Lesbos zu holen.
Unfälle: Natürlich kann unsachgemäßes Hantieren zu schweren und schwersten Verletzung führen, wie es dieses Jahr auch wieder passiert ist. Sofern es Erwachsene betrifft: es sind auch schwerste Verletzungen von Bengalos bei Fußballspielen beschrieben. Und mit denen, die, trotz jahrelanger wiederholter Warnung immer noch mit Polenböllern zündeln, habe ich kein Mitleid. Und was die Verletzungen von Kindern betrifft: wo waren die Eltern? ich jedenfalls habe während meiner mehr als 25-jährigen, behandelnden ärztlichen Tätigkeit nur eine schwere Verletzung gesehen.
Das deutscheste Argument
VERSCHWENDUNG!!! Jawoll!!! Für etwas das Spaß macht, Geld auszugeben, wo kommen wir denn da hin. "Ein Zentralfeuerwerk" soll es maximal sein - also zurück zu höfischen Traditionen, also. Hingegen schrieb der "Verband der Pyrotechnischen Industrie in einer lesenswerten Pressemitteilung (sie beschreibt nämlich auch die Geschichte des Feuerwerks):
Von einem illustren Ereignis für den Adel hat sich das bunte und lautstarke Spektakel am Firmament mittlerweile demokratisiert. Für die Masse der Pyro-Fans werden Feuerwerksfestivals rund um den Globus veranstaltet, die Millionen von Zuschauern faszinieren. Zu den bekanntesten zählen das Feuerwerksfestival von Cannes, bei dem seit 1998 jedes Jahr Feuerwerker aus der ganzen Welt gegeneinander antreten, oder das "Malta International Fireworks Festival". In Heidelberg steht alljährlich das weltberühmte "Schloss in Flammen", dazu wird auf der nicht minder bekannten, 1788 eröffneten "Alten Brücke" über den Neckar ein Feuerwerk abgebrannt, das hunderttausende Zuschauer, die an den Gestaden des trägen Flusses lagern, regelmäßig begeistert.
Und auch eine Pressemitteilung der "Aktion 3.Welt Saar" aus 2014 bringt es auf den Punkt:
„Auffallend ist, dass die Kritik am Silvesterfeuerwerk erst dann ansetzt, wenn ‚die breite Masse’ Raketen zündet, nicht aber am Feuerwerk der Besserbetuchten, beispielsweise nach Klassik-Open-Air-Konzerten, bei ‚Rhein in Flammen’ oder bei der offiziellen Feier in Saarbrücken am Vorabend (13.7.) des Jahrestages der französischen Revolution“...
und weiter:
Der unterstellte Zusammenhang zwischen dem Silvesterfeuerwerk sowie Hunger und Armut in der Welt ist beliebig gewählt und existiert nicht. Genauso gut könnte man dazu aufrufen, keine Weihnachtsbäume, Smartphones, Bücher oder Jogginganzüge zu kaufen, keinen Wein zu trinken oder Fußballspiele ausfallen zu lassen. „Der Einsatz für Gerechtigkeit und Solidarität führt ins Leere, wenn er mit einer Leidensmiene und dem moralischen Zeigefinger einher geht“...
Mit "Leidensmiene" und "moralischem Zeigefinger" sowie dem "Appell an das schlechte Gewissen", das dieser Text so richtig beschreibt, schließt sich für mich der argumentative Kreis:
...Hauptsache, er fühlt sich schlecht dabei...
Für mich nicht zufällig haben evangelische Organisationen diese Aktion ins Leben gerufen, nicht zufällig wird sie vom evangelischen Hilfswerk "Brot für die Welt" gepuscht. Textprobe:
"Kaufen Sie weniger Böller und spenden Sie Saatgut. Helfen Sie Menschen, sich selbst zu ernähren! 133 Millionen Euro haben Menschen in Deutschland 2016 für Silvester-Feuerwerk ausgegeben. Das ist eine ordentlich große Investition! Ein ganz kleiner Teil dieses großen Betrages würde reichen, um das Leben eines anderen Menschen besser zu machen. Teilen macht Freude – und teilen können wir schon durch einen bewussten Einkauf."
Falls sich jetzt schon jemand richtig schlecht fühlt - es gibt Hoffnung! (Sekt) saufen für Afrika!
Die evangelische und katholische Jugend Münchens bietet auf ihrer Website einen Sekt aus dem Elsass an, ein Teil des Verkaufserlöses fließt in Projekte in Afrika. Man kann Sekt trinken und tut gleichzeitig was für ein gutes Gewissen. Sehr ordentlich!
Die verlinkte Spiegel-Kolumne weist zurecht darauf hin, daß sich noch niemand über die fünfmal so hohen Ausgaben für Weihnachtsbäume beschwert hat und nimmt an, daß das damit zu tun habe, daß Weihnachten ein kirchliches, Silvester hingegen ein säkulares Fest sei.
Die Deutsche Umwelthilfe
Und dieses Jahr kommt die "Deutsche Umwelthilfe" ganz steil mit "Werten" die meiner Meinung nach so einfach nicht stimmen können. Meiner Meinung nach wird hier
ein unmittelbar nach Mitternacht gemessener Wert für einen ganzen Tag zugrunde gelegt, und wenn man die Werte für den "Straßenverkehr in ganz Deutschland" nimmt, dann wären "die
Feinstaubemissionen durch den Straßenverkehr" erheblich niedriger, als wir bislang alle annahmen.
Zur diesjährigen Pressemitteilung sage ich erstmal
garnichts, denn dazu fällt mir nur Justiziables ein. Aber mittlerweile geh es nicht mehr nur um Feinstaub und Verschwendung, sondern auch um Müll.
Was die vorgeschlagene mutmaßliche Alternative "Lasershow" betrifft: Dubai hatte das Silvesterspektakel 2017/18 mit Laser inszeniert. Es scheint sich nicht bewährt zu haben, denn 2018/19 ist man
zur Pyrotechnik zurückgekehrt. Laser ist nämlich, was Sicherheit und Verletzungsgefahr betrifft, auch nicht ungefährlich. Besonders betroffen sind im Schadensfall besonders Haut und Augen. Schon
ein einzelner Laserpointer kann durch Blenden eines Piloten das Flugzeug gefährden - wie mag das erst bei gehäuften fetten Laserbeams sein.
Für den beruflichen Laserschutz gibt es es einen ausführlichen
Vorschriftenkanon. Ein solcher spezifischer wäre für mich für die unverhandelbare Bedingung für auch nur ein einziges Laserspektakel, Dazu sagt die Umwelthilfe nichts.
Un' watt sacht "der Islam" dazu? (Gewidmet einigen besorgten Schwestern)
Ist das Böllern denn wenigstens unislamisch? An der Universität Edirne, seiner Geburtsstadt, hat man sich mit dem Alltag unter Sultan Mehmet Fatih, dem Eroberer von Byzanz, auch bei Hofe beschäftigt, und festgestellt, daß der Sultan am 25. Mai 1457, also vier Jahre nach der Eroberung Konstantinopels, die Beschneidung seines Sohnes erstmals mit Feuerwerken feierte, die einen Monat lang jeden Abend entzündet wurden. ich denke schon, daß an arabischen Fürstenhöfen ähnlich verfahren wurde. Islamweb, eine Website mit islamisch-konservativem Hintergrund hat die Frage so beantwortet, daß Feuerwerk erlaubt sei, solange damit niemand verletzt wird und solange man sich nicht finanziell übernimmt. Daß man darauf achtet, sollte selbstverständlich sein.
In Dubai hatte man offenbar auf die Brände vom 2017 - die allerdings nichts mit dem traditionellen bombastischen Feuerwerk am Burj Khalifa, dem höchsten Gebäude der Welt zu tun hatten - reagiert und 2018 eine Lasershow gezeigt, die sich sehen lassen konnte. . Und 2019 gab es dann wieder ein Feuerwerk. Wie ich schon sagte: vielleicht hat sich die Lasershow, wie sie die Deutsche Umwelthilfe jetzt fordert, nicht bewährt. Einfach genießen! Bei uns wäre das glaube ich nicht möglich. Sie wissen doch. Verschwendung... und selbst zum Chinesischen Neujahr lässt man es in Dubai krachen:
Aber mal von allem abgesehen: für mich ist die ganze jetzt wieder mal losgetretene Debatte nichts als Politiksimulation. Dem sollten wir kritisch gegenüberstehen und Meinungen wie die oben zitierten, die mit allen Mitteln unters Volk gebracht werden, anhand ihrer "Diskursstrategie" überprüfen.
In diesem Sinne: