Eishockey, Bananen, Männerhintern und Triebverdrängung

Vor Jahren habe ich mehrmals etwas zum Thema "Witz und Macht" gemacht.  Quintessenz meiner Ausführungen war, daß Witze machen etwas mit Macht zu tun hat: wer - vermeintlich - die Macht hat, macht Witze, und wer - vermeintlich - keine hat, muß diese Witze ertragen: so war es in den dreissiger Jahren die Juden, über die die Witze gemacht wurden und mit denen sich die Karnevals-Prunkwagen beschäftigten.  Heute sind die Muslime, oder, mittels In-Eins-Setzung "die Türken" mit Präsident Erdogan als Symbolfigur. Diese "Witze" werden immer pornographischer und für mich trägt das Bedeutung. Die jüdische Amsterdamer Literaturwissenschaftlerin hat den "pornografischen Antisemitismus" eines Ferdinand Celine und - den bekannteren - eines Theo van Gogh schon 1995 bloßgelegt. Theo van Gogh war danach eigentlichg erledigt. Nachdem er jedoch dann zum europäischen Kulturerbe den Begriff "Ziegenficker" beisteuerte, war aller Antisemitismus  vergeben und vergessen. Mittlerweile wird der Begriff im Wesentlichen gegen den türkischen Staatspräsidenten in Stellung gebracht.

Deutsche Männerphantasien: Beleidigung einer Fahne und homosexuelle Vergewaltigungswünsche

 

Tusch! Narrhallamarsch!

 1937 wurden in Mainz "weinpanschende Talmudjuden“ mit einem eigenen Wagen bedacht, und es gehörtem Repertoire vieler Humoristen der damaligen Zeit, das Jiddische nachzuäffen: „Han mer gemacht Eintopf“, will sagen, betrügerisch Wein gepanscht. Und in einem Karnevalslied aus meiner Heimatstadt Köln, ebenfalls im Jahr 1937 hieß es:

Et deit sich alles freue, Mir sinn jetz bahl su wick, mir wääde jetz in Deutschland, die Jüdde endlich quitt, en jeder Stroß do hadde mer, Neh Jüddelade stonn, et jitt noch immer domme, die dobei kaufe jonn. Met dä Jüdde es jetz Schluß. Se wandere langsam us.“ 

In den Nullerjahren waren dann plötzlich beleidigende "Scherze" gegen Muslim*innen en vogue. Das  alter ego dieser Zahnärztin, "Ayshe", legte einen auf der Homepage ihres Mainzer Carneval-Verein bejubelten Auftritt hin, den man heute noch dort nachlesen kann:

„Derweil wagte sich Patricia Lowin an eine Thematik heran, die Brisanz in sich birgt. Doch ihr starker Auftritt als Chefmoderatorin von „Döner TV“ brachte der in Strapse, Dirndl und Kopftuch gehüllten Rednerin nur Lobeshymnen ein. Moderatorin „Ayshe“, deren Onkel Izmir Übel natürlich eine Dönerbude hat und „ganz frisches Gammelfleisch“ vermarktet, zeigte auf ihre eigene Art, was man heutzutage unter Integration zu verstehen hat. Sie definierte Begriffe wie Gebärmutter, Babywindel („Das heißt auf türkisch Güllehülle“) oder Mainzer Fastnachtslieder völlig neu und hatte zu guter Letzt noch einen augenzwinkernden Tipp für all diejenigen im Saal parat, die während des Sitzungsmarathons dringend aufs stille Örtchen mussten: „Auf Basar gibt es keine Toilette, auf Basar bescheißt jeder jeden.“ 

Somit wissen wir jetzt, was die Mainzer Karnevalsmänner erregt: Strapse! Bei einer Zahnärztin. 

 

Unsere Frauen unsere Hintern

Bildnachweis: : pa/dpa/kl, übernommen aus WELT.

 

Ich gebe ja zu: was diese knackigen Popöchen mit dem (Bus zum) Flughafen Stuttgart zu tun haben, erschließt sich mir auch nicht, und die hier gesammelte Autowerbung - am Beispiel Porsche -ist mir auch over the top. Wenn ich wollte, könnte ich mich da auch trefflich aufregen, daß Porsche anscheinend nur auf männliche Käufer abzielt .. Ich persönlich hatte nach einer Probefahrt einfach keine Lust mehr auf so eine Karre. Wenn man mit 200 Sachen auf der Überholspur fährt, muss man sich einfach zu sehr konzentrieren. Aber ich schweife ab...

Genau, wie es eine Machtfrage ist, über wen man Witze macht, ist es eine Machtfrage, wem man ungestraft zwischen die Beine greift. Ich hatte das hier schon mal ausgeführt. Relativ harmlose Werbung muß, wie das nebenstehende Beispiel, schon mal als Aufhänger für eine Kampagne herhalten.

 

Einsenderin "Gunilla" hatte sich doch tätsächlich über die nebenstehende Werbung für den Beruf der zahnärztlichen Fachangestellten so dermaßen "aufgeregt", daß sie das sofort EMMA mitteilen musste, die sofort vorschlug, die eigene Aufregung der zuständigen Zahnärztekammer mitzuteilen und sinnierte, ob denn der Chef einer Zahnarztpraxis auch eine Frau sein könne. und so wird allerorten die deutsche Frau vor Sexismus geschützt. Und davor, sich für schnöde Werbezwecke entblättern zu müssen.

 

Und was die Frage betrifft, ob der Chef auch eine Frau sein könne? Wie man an Frau Dr. med. dent. Lowin und vielen ihrer Kolleginnen sieht, ist hier keine Schlacht mehr zu schlagen.

Handelt es sich um die sexuelle Selbstbestimmung in der Mehrheitsgesellschaft, sind besonders die Frauen und FrauInnen durchaus sensibel. Bei den Minder-heiten/wertigen sind sie das eher weniger. 

 

Der Zugang zum unterworfenen Hintern als Ausdruck der Macht

Gegenstand im Hintern ist eine Chiffre für Vergewaltigung. Ich habe ja oben schon gezeigt, wie aufgeregt man auf selbst harmlose Werbung reagiert und ein Verbot per Gesetz gefordert. Der Bundestag hat auf die schon ohne ein solches Gesetz bestehenden Regulierungsmöglichlichkeiten hingewiesen. Bei genauerem Hinsehen sind die dort aufgeführten Begriffe, wie schon der oben diskutierte Humor wieder eine Macht- und Geschmacksfrage.Meistens jedenfalls. Mur wenige Motive sind aus meiner Sicht eindeutig.

Was aber eindeutig ist: ein Mann mit einem Gegenstand im Hintern, sagen wir mal, einer Banane. Das ist eine homosexuelle Vergewaltigungsphantasie.

Vergewaltigungen von Männern sind das Mittel, Männer zu brechen. Aktuell werden systematische Vergewaltigungen von Flüchtlingen durch libysche Milizen berichtet.

Bekannt wren Vergewaltiungen unter Stalin als gerne genutzte Vernehmungshilfe. In seinem Buch "Zeichnungen aus dem Gulag" hat der burjatische Milizoffizier Danzig Sergejewitsch Baldajew mit Zeichnungen unter Anderem auch die Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung der Gefangenen durch die Vernehmer.

Bildunterschrift"Sobald wir ihm das Arschloch geputzt haben, wird er sich daran erinnern, wie er der Sowjetmacht und der Partei in seinem Forschungsinstitut für Kybernetik geschadet hat, der Drecksack."

 

Eine Fundgrube für Klaus Theweleit

Dieses Piktogramm ging, nach dem - nur knappen - Sieg der russischen Eishockeymannschaft in den russischsprachigen Sozialen Nertzwerken viral. Die Unterschrift, "1941-1945, смогли повторить - 1941 1945 könnte sich wiederholen" zeigt, daß der Satz von den "Spielen des Friedens" offensichtlich weiterhin mißverstanden wird.

Aber es geht mir um die anale Vergewaltigung eines anderen Mannes. Man fühlt sich deutlich an Klaus Theweleit erinnert, über dessen Standardwerk der Rezensent des Spiegel  1977 schrieb:

 

"Die Beziehungen zum eigenen Körper, dem Körper der Frauen und der Masse, dem Körper des Heeres und der Erde in der Sprache soldatischer Männer und ihre Funktion in der Genese des deutschen Faschismus."

 

Richtig! Ficken oder gefickt werden - als Beschreibung von Beziehungen unter Männern - während es bei Theweleit noch ganz wesentlich um die Beziehung zu Frauen ging, sind in diesem Bildnarrativ, als auch die Frauen verzichtbar. Mit Theweleit gedacht, sind solche Phantasien Ausdruck der eigenen verdrängten Sexualität, also der eigenen homosexuellen Triebimpulse. Dazu gehört dann eine exzessive Homophobie, wie sie sich z.B. in den russischen Gesetzen und Praktiken, aber auch in der systematischen Verfolgung und Ermordung von Schwulen in Tschetschenien äussert. Der Vollständigkeit halber:

 

Bereits in den beiden Kriegen wurden Tschetschenen systematisch von russischen Soldaten vergewaltigt, um sie gezielt zu demütigen. Und wohl wissend, dass ihre Familien sie wegen dieser Schande verstoßen würden.

Das Bild mit der Banane im Hintern des "ideellen Gesamttürken" Erdogan ist an russischen Verhältnissen näher dran, als den Verteidigern ("Kunstfreiheit!") lieb sein dürfte!