Mein Weg nach Mekka - Teil 5

Doch jetzt fing mein Weg erst an. "Den Koran" weiter lesen, Koransuren für das Gebet auswendig lernen - und wie ist das mit dem Kopftuch? Damals arbeitete ich in einer privaten Reha-Klinik im Schwarzwald. Das für die Ärztinnen quasi vorgeschriebene Outfit war Landhausmode - ggf. mit Kittel drüber. Kopftuch? No way! Dann war ich bei der Bundeswehr, da ging es auch nicht. Dienstoutfit in der Klinik: weiße Hose, weißes Hemd mit Dienstgradabzeichen. Kopftuch? No way!

Bildnachweis: London Central Mosque, www.iccuk.org

Das war mir auch nicht so wichtig, doch, bei Schwesterntreffen wurde ich immer gelöchert. Einige der Schwestern verstiegen sich sogar zur Behauptung, ich dürfe keine Arbeit annehmen, wenn mir das Kopftuch dort verwehrt sei. Das ließ ich erstmal so stehen. Ich reiste viel herum, nach München, Hamburg, und zu den Schwesterntreffen ins Haus des Islam im Odenwald. ich lernte Urgesteine des deutschen Islam kennen, wie z.B. Fatima Grimm, geboren als Helga Wolff, Tochter eines SS-Generals, oder ihren Mann Abdulkarim, der in Hamburg als Heilpraktiker arbeitete. Wir hatten als gemeinsames Interessengebiet die Chirotherapie/Chiropraktik und von ihm habe ich eine Menge gelernt.

Irgendwann lernte ich auch niederländische  Schwestern kennen und wurde zu einem Schwesterntreffen in die Niederlande eingeladen. Besonders entzückt waren sie natürlich, daß ein Moff Niederländisch sprach.
Als ich, es war Hochsommer, lieber mit Schlafsack im Garten als in einem überfüllten Schlafsaal schlief, wurde das mit "Nou ja, het Duitse leger" (Naja, das deutsche Heer) erklärt. Übrigens lernte ich da dann auch indonesische Massagetechniken kennen: zwei höchstens 40kg leichte Indonesierinnen traktierten mich mit Geldmünzen, die sie zwischen ihr Finger geklemmt hatten und liefen auf mir herum. und zu essen gab es sowieso Nasi Goreng und weitere indonesiche Köstlichkeiten. Man kommt rum, als Muslim...
Aus den Niederlanden, nicht aus einer deutschen Quelle erhielt ich auch die Information übr ein Muslimtreffen in Großbritannien und beschloss, mit einer Freundin, evangelische Religionslehrerin, dort hinzufahren. Das Treffen war irgendwo in den Midlands. So, nach Absprache mit den Niederländerinnen, steuerten wir ersteinmal die London Central Mosque an und teilten dort mit, daß wir die Absicht hätten, dort zu nächtigen. Hatte ich doch gehört, daß jede Moschee Pilgern ein Nachtlager gewähre. Der pakistanische Imam sah das irgendwie anders. Zunächst wurden wir bis zur Klärung in ein Curry-House komplimentiert, doch wir hatten Glück. Irgendwann kreuzten die Niederländerinnen auf und wir konnten im Frauenteil übernachten und morgens vor der Weiterfahrt noch ein pakistanisches Frühstück abgreifen.
Dann ging es zum Treffen weiter, irgendwo in den Midlands. Es gab Vorträge, Arbeitsgruppen und einen Speakers' Corner. WIr übernachteten in einem alten Flugzeughangar, beheizt mit einem Flugzeugmotor. Das Tor sollte fest verrammelt sein, mit einem großen, schweren Riegel. Damit kein böser Bube, wie der Fuchs im Hühnerstall ... was weiß ich, was die Veranstalter*innen sich dabei gedacht hatten, aber so war das unakzeptabel: wir wären bis zum nächsten Morgen alle tot gewesen, entweder durch Kohlernmonoxid oder durch Totgetrampelt-Werden, beim Versuch, bei Gefahr den Riegel aufzukriegen und zu flüchten.
Gottseidank konnte ich mir Gehör verschaffen, und die Tür blieb einen Spalt auf.
Am Tag darauf war ich dann mit dem Speakers' Corner dran, erzählte von meinem bisherigen Weg, und dann musste ich was loswerden: das Kopftuch, und wie einige Schwestern mich mit ihrem Insistieren nervten, bis hin zur Forderung, wenn ich auf einer Stelle kein Kopftuch tragen dürfe, hätte ich die Stelle zu kündigen. Ich erzählte, ich sei  Soldatin, und Kopftuch zur Uniform sei nicht möglich. An irgendeiner Stelle fragte mich eine Britin, ob ich denn überhaupt ein Kopftuch tragen wolle. Ich sagte nein, worauf sie sagte: dann sagst Du das in Zukunft, und gut. Damit war für mich das Kopftuch auf meinem Kopf durch.

Bloß: das, was ich jetzt geschrieben habe, ist gegen keine Schwester zu verwenden, die voller Überzeugung Kopftuch oder Niqab trägt, und ich lasse es auch nicht zu - im Gegenteil: ich werde die Schwestern immer verteidigen und habe das auch bislang so gehalten! Die, die auf Kopftuch-Verbote insistieren, berufen sich z.B. auf die Iranerinnen, die gegen den Kopftuchzwang im Iran kämpfen und halten sich für mit ihnen seelenverwandt. Sorry, Femmes, das seid Ihr aber nich!. Wer so in das Leben anderer Frauen eingreift, hat mehr mit den Mullahs gemeinsam! In ihrem Kampf gegen "feministische" und sonstige Übergriffgkeiten, sowie das Abfordern von weiteren Unterwerfungsgesten - Schwein, Händeschütteln, etc. - finden sie mich an ihrer Seite! Das ich das ganze Geschrei ums Kopftuch für einen Ablenkungsdiskurs halte, habe ich schon mehrfach ausgeführt.

 

Weitermachen ...

Wieder zu Hause las ich weiter "im Koran", d.h., ich hatte mir die Übersetzung von Muhammad Asad gekauft, "The Message of the Qur'an". Auf Deutsch: Die Botschaft des Koran. Wohlgemerkt: "die Botschaft des..." und nicht "DER Koran". Kein Muslim würde bei einer Übersetzung "DER Koran" schreiben, sondern immer nur: "...die Botschaft des..." oder: "..die ungefähre Bedeutung...". Und erst recht würde keinem Muslim der Satz: "Ich kenne DEN Koran" über die Lippen kommen, auch nicht  "...ich habe DEN Koran gelesen". Bei Islamkritikern ist eine solche Aussage zwar beliebt, aber nicht bei Muslimen denn das Verinnerlichen der Botschaft ist eine Lebensaufgabe. Nicht umsonst wird es z.B. empfohlen, in jedem Ramadan den gesamten Koran nochmals durchzugehen.
Beliebt ist auch, sich einzelne Verse steinbruchartig rauszugreifen und darauf dann ein ganzes Gedankengebäude aufzubauen,gleichermaßen bei Salafisten und Islamkritikern. Im folgenden Video erklärt Muhammad Asad, wieso das nicht geht: weil jeder einzelne Vers in einem inhaltlichen und historischen Kontext steht. Der historische Kontext wird durch die Asbab an-Nuzul beschrieben, die Berichte über die Anlässe der Offenbarung.
Und jeder Vers steht im inhaltlichen und historischen Kontext mit anderen Versen. Asad hat dazu, wie auch schon andere Gelehrte, jeweils einen Tafsir (Koran-Exegese) verfasst. Natürlich ist der Tafsir eines Gelehrten auch nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern eine mögliche Auslegung. Sinngemäß gilt übrigens das Gleiche für Thora und Bibel. Desgleichen kann man vieles auch nur aus Zeit heraus verstehen. Als Beispiel habe ich hier mal einen Tafsir der Sura A-Tauba verlinkt,da mit deren Versen sehr oft Schindluder getrieben wird. In dieser Sure wird die Frage erörtet, was denn mit vertragbrüchigen Nicht-Muslimen zu tun sei, und sie emnthälft keinesfalls einen pauschalen Mordaufruf gegen alle, die keine Muslime sind, wie die "Islamkritiker" das so gerne verbreiten. Und daß Nicht-Muslime keinesfalls "Ungläubige" sind, wurde schon genauso oft erklärt, wie wiederum wider besseres Wissen weiterverbreitet.

Muhammad Asad erklärt das in diesem Video sehr schön, und geht mit der Erklärung über das, was denn ein Muslim sei

Von weiteren Mühen und Bemühungen berichte ich in weiteren Fortsetzungen. Eines noch: selbstverständlich enhält aiuch der Koran, wie alle heiligen Schriften auch ewiggültige Wahrheiten. Einer der schönsten Koranverse in der Übersetzung von Friedrich Rückert. Der deutsche Orientalist Friedrich Rückert, 1788-1866, hat in seiner Teilübersetzung des Koran versucht, die Reimform des arabischen Originals wiederzugeben

Wenn ihr kommet in ein Haus, sprecht den Gruß des Friedens aus.
Sprecht ihn, wenn die Leute fehlen, über eure eig'nen Seelen.