Wenn der Osterhase am Karfreitag tanzen will

Wer dachte, der Zenit der Schwachsinns-Aufreger sei schon längst erreicht, wird in dieser Woche eines Schlechteren belehrt. ich habe ja schon mehrfach darüber geschrieben, wie irgendwelcher Blödsinn, von irgendjemandem in die Welt und dann den Muslimen auf die Rechnung gesetzt wird,  wie hier, hier und hier.

Und ich musste feststellen, daß die Karfreitagstanzerei manchen so ein Bedürfnis ist, daß sie dafür sogar in Kauf nähmen, wenn eine große Bevölkerungsgruppe wieder mit Dreck beworfen würde. Die Streiter für den Osterhasen und das Tanzen am Karfreitag haben mehr gemein als ihnen lieb sein dürfte.

Bildnachweis: (c) Huffington-Post. Standbild aus einem Video zum Thema

 

"Mir egal, ob andere das den Muslimen anhängen wollen"

Was haben wir nicht schon alles für Aufreger-Themen gehabt, aber diese Debatte finde ich überflüssig wie den sprichwörtlichen Kropf. Aber wie gesagt, ich äusserte eine andere Befürchtung: daß man den brainfuck der Mehrheitsgesellschaft mal wieder den Muslimen anlastet. Darauf kam dann der obige Kommentar; letztendlich habe ich den Verfasser blockiert. Ich denke, er ist sich der Erbärmlichkeit seiner Haltung nicht mal bewusst. Übrigens wurde die Verbindung zwischen Tanzverbot und Islam im entsprechenden Wikipedia-Artikel  bereits hergestellt.

Situation in muslimisch geprägten Ländern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In vielen Staaten des mittleren Ostens wird das Tanzen häufig als negativ oder verrufen wahrgenommen. Shay bezeichnet diese Sichtweise als choreophobia. Weiterhin wird das Tanzen in muslimischen Gesellschaften allgemein als Potenzial zum Glaubensabfall und Stören des gesellschaftlichen Friedens gesehen.[64] Vereinzelte Ausnahmen sind jedoch gestattet (halāl), solange sich der Tanz dem Gedenken Allahs widmet und der Tanz nicht weltlichen Genüssen entspringt.[64] In Ägypten und im Iran gibt es daher Tanzverbote. [65] Tanzen und Musik wird jedoch im Koran nicht explizit geregelt.

In der Kommunikationswissenschaft nennt man sowas "Relevanzsuggestion": man erwartet, daß Dinge, die miteinander aufgezählt werden, auch miteinander zu tun haben. Was der Verfasser dieses Artikels "allgemein" behauptet, ist blanker Unsinn. Natürlich wird in muslimischen Gesellschaften getanzt. Tanz ist nicht nur das, was im Westen darunter verstanden wird. Und ja, auch in Ägypten wird getanzt,. Im Video: Fifi Abdou, wie ich Jahrgang 1953 ist DER größte Star des ägyptischen Bauchtanzes. Immer noch. Allerdings rücken Jüngere nach. Abdou richtet übrigens seit Jahren im Ramadan jeden Abend ein Fastenbrechen für bis zu 1000 Bedürftige aus.

 

Noch im Wettbewerb: AfD und FPÖ

Angefangen hat es mit dem nebenstehenden Kassenzettel, der von dem "bekannten Rechtsanwalt" Joachim Steinhöfel gepostet wurde und mittlerweile schon in der islamkritischen Szene viral gegangen ist und für kollektive Schnappatmung sorgt.

Ganz rührig dabei war die notorische Erika Steinbach, die bislang auch so manchen Fake durch ihre Twitterkommentare adelte. Bento hat ihr eine lesenswerte Zusammenstellung gewidmet: "Erika Steinbach fürchtet mal wieder ums Abendland". Lesen und lachen.

Mimikama hat übrigens mittlerweile die Fakten zum ganzen Gedöns nachgeliefert: Der Gold- oder Traditionshase von Lindt heißt seit 1992 "Traditionshase", der Milka-Schmunzelhase so seit 1973. Rewe teilte auf Anfrage von Mimikama mit:

„…. bereits seit einem Vierteljahrhundert – genau seit 1992 – bezeichnet REWE den allseits bekannten Lindt Goldhasen am Regal und auf dem Kassenbon als „Traditionshasen“. Den Lindt Goldhasen gibt es nach unserem Kenntnisstand bereits seit den frühen 50er Jahren in Deutschland. Insofern ist die begriffliche Reduktion auf dem Etikett am Regal bzw. dem Kassenbon auf „Traditionshase“ durchaus treffend. Viele Grüße, dein REWE Team“

 

Hier sind die besten Beiträge der Besorgten

Die eigene Befindlichkeit als Maß aller Dinge, mit Klauen und Zähnen verteidigt - das verbindet die Besorgten und die Karfreitagstänzer*innen mehr als ihnen lieb sein dürfte.